Bundesweit größtes Institut für islamische Theologie in Osnabrück eröffnet
Leserbrief/Stellungnahme zu Artikel und Kommentar in der Neuen Osnabrücker Zeitung
vom 31. Oktober 2012, S. 5.

 

Signal in die falsche Richtung

Wer sich mit den ausschlaggebenden objektiven Quellen des Islam (Koran, Hadithsammlung, Festlegungen der Rechtsschulen) und seiner Geschichte vertraut gemacht hat, weiß, dass zahlreiche Inhalte und Normen dieser religiösen Weltanschauung und Herrschaftslehre den Grundprinzipien einer säkular-demokratischen, an den Menschenrechten orientierten Gesellschafts- und Lebensordnung widersprechen bzw. mit dieser unvereinbar sind. Das betrifft sowohl die Nichtgleichberechtigung von Muslimen und Nichtmuslimen sowie die religiös-patriarchalisch sanktionierte Ungleichheit von Männern und Frauen als auch das Fehlen von negativer Religionsfreiheit bzw. weltanschaulicher Wahlfreiheit und Selbstbestimmung. Hinzu kommen noch die massive Stigmatisierung und Strafverfolgung von Homosexualität sowie eine Reihe weiterer, hier nicht näher darstellbarer Aspekte.

Da die Inhalte von Koran und Sunna (Vorbild des Propheten) als unveränderbare göttliche Bestimmungen gelten, sind willkürlichen Auslegungen im Sinne eines subjektivistischen „Bonbon-Islam" enge Grenzen gesetzt. Deshalb ist es blauäugig und im Grunde unverantwortlich, den Islam als „islamische Theologie" an den Universitäten zu installieren, anstatt ihn zum Gegenstand einer wirklichen Wissenschaft, nämlich einer kritisch-interdisziplinären Forschung ohne bekenntnisreligiös-parteiliche Voraussetzungen zu machen.

Ebenso führt die Einführung eines flächendeckenden Islam-Unterrichts absolut in die falsche Richtung, denn sie fördert nicht etwa die politisch-kulturelle Integration der Muslime, sondern trägt nur zur Verfestigung einer auf Abgrenzung bedachten ethno-religiösen Identität bei und fördert damit integrationsabwehrende Einstellungs- und Verhaltensmuster. Das „Signal des Respekts", das Franziska Holthaus in ihrem Kommentar betont, muss - gerade auch in bildungspolitischer und schulpädagogischer Perspektive - in eine andere Richtung ausgesendet werden: Deutschland ist kein islamisches Land und will auch kein islamisches Land werden. Zu Deutschland können und sollen „Geburtsmuslime" gehören, die sich von den menschenrechtswidrigen Dogmen des orthodoxen (Mehrheits-)Islam lösen und die Grundprinzipien der säkular-demokratischen Moderne hinreichend kennen, akzeptieren und respektieren. Dazu müssen sie aber auch in diesen Grundprinzipien hinreichend und nachhaltig unterrichtet werden. Genau das aber wird durch die anachronistische Aufspaltung der Schüler in bekenntnisreligiöse „Stämme" systematisch erschwert, wenn nicht gar verhindert.
Anstatt also flächendeckend einen bekenntnisorientierten Islamunterricht einzuführen und obendrein auch noch auf Staatskosten die Imamausbildung zu finanzieren, wäre vielmehr ein neues Schulfach „Religions- und Weltanschauungskunde" angezeigt, in dem die Heranwachsenden neutral und sachlich über die Grundinhalte der Religionen sowie der philosophisch-humanistischen Religionskritik und der säkularen Ethik informiert und unterrichtet werden.
Primäre Aufgabe des deutschen Bildungssystems wäre es demnach, den Heranwachsenden gerade auch aus islamischen Herkunftsmilieus auf nachhaltige Weise die (europäischen) Werte und Grundnormen einer säkular-demokratischen Gesellschafts- und Lebensordnung zu vermitteln und den eingeschlagenen Irrweg zu verlassen, in Form einer religiösen Identitätspädagogik desintegrative Mentalitäten zu bestärken und zu verfestigen.


Gesellschaft für wissenschaftliche Aufklärung und Menschenrechte (GAM)

Hartmut Krauss


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8. November 2012

Für Aufrichtigkeit und Offenheit in der Integrationsdebatte!
Humanisten und Menschenrechtler verurteilen die Verunglimpfung von Heinz Buschkowsky

 

Ein Aufruf

 

Mit stetig wachsender Sorge betrachten wir den Verfall der demokratischen Debattenkultur, wenn brisante Themen wie Integration, Parallelgesellschaften und Frauenrechte in bestimmten Migrantencommunitys zur Sprache gebracht werden. Heinz Buschkowskys Buch „Neukölln ist überall“ hat erwartungsgemäß die üblichen Verharmlosungs- und Diffamierungsreflexe hervorgerufen. Große Teile der Kritik, die nun dem Autor entgegenschlägt, zeichnet sich durch Unwilligkeit und Unfähigkeit aus, einem nachdenklichen und problemorientierten Text angemessen zu begegnen, der Befunde in konkrete Lösungsvorschläge überführt.

Durchaus gibt es kritische Stimmen, die sich sachlich mit dem Buch von Heinz Buschkowsky auseinandersetzen. Das ist legitim und sollte im Sinne einer gesellschaftspolitischen Debatte auch selbstverständlich sein. Auch wir als VerfasserInnen und UnterzeichernInnen dieses Aufrufs stimmen nicht mit jeder einzelnen Aussage von Heinz Buschkowsky überein. Wir wenden uns daher folgerichtig auch nicht gegen die wenigen ernstzunehmenden Buschkowsky-Kritiker, sondern gegen die Mehrheit der Polemisierer und Diffamierer, die mit Rassismus- und Rechtspopulismusvorwürfen, Breivik-Vergleichen und sprachlichen Entgleisungen zeigen, dass sie an keiner sachlichen Auseinandersetzung interessiert sind. Aus diesem Umfeld, das sich in den letzten Wochen lautstark-marktschreierisch in der Öffentlichkeit artikuliert hat, werden wir ständig mit Falschaussagen und Halbwahrheiten versorgt, wie sie haarsträubender kaum sein könnten. Wenn nun etwa die Rede davon ist, dass Buschkowsky weder Lösungen noch Positivbeispiele aufzeige, dann muss man davon ausgehen, dass bestimmte Kritiker sich an einer Buchkritik ohne vorhergehende Lektüre versuchen. Buschkowskys Lösungsversuche, denen man selbstverständlich zustimmend oder ablehnend gegenüberstehen darf, sind mannigfaltig und umfassen: altersgerechte Sachleistungen statt Kindergeld; Kindergartenpflicht; Ausbau von Ganztagsschulen; gezielte Sprachförderung; stärkere Konzentration auf Unterschichtenkinder im Bildungssystem; eine andere Debattenkultur; konsequente Sanktionierung von Fehlverhalten usw. Beispiele für gelungene Integration werden, entgegen der Behauptungen seitens der Kritiker, in dem Buch mehrach genannt, so auf den Seiten 59-60, 79-81, 112-113, 286-290, 301-302, 311-312 und 322-324. Der Schwerpunkt des Buches liegt freilich auf der Betrachtung der Beispiele für misslungene Integration, was aber bei einem Text, der sich als problemorientierte Fehleranalyse versteht, auch gar nicht anders sein könnte. Der Vorwurf, dass Buschkowsky die Namen seiner Gewährsleute nicht nennt und immer nur von „einer Lehrerin“ oder „einem Polizisten“ schreibt, verwundert: Denn gerade der Umgang der Kritiker mit Buschkowsky macht es doch mehr als verständlich, dass der Autor des Buches seine Helfer durch Anonymisierung davor bewahren will, zur Zielscheibe von Diffamierungen und Schikanen zu werden.

Die in einem Leitartikel der Frankfurter Rundschau zu Ausdruck gebrachte Mahnung, „Es wäre viel gewonnen, wenn jetzt keine Debatte über den Lokalpolitiker Buschkowsky entsteht“, blieb leider ungehört. Ein Diffamierungskartell, das fürchtet, die Meinungshoheit über ein ihm ohnehin entgleitendes Problem zu verlieren, zwingt der Öffentlichkeit und somit auch uns diese Debatte auf, da Schmähkritik nicht unwidersprochen bleiben darf. Wir fordern eine Rückkehr zu den Sachthemen der Integration. „Neukölln ist überall“ bietet dafür gute Ansatzpunkte.

Nicht wenige der Kritiker zeigen selbst eine fragwürdige paternalistiche Haltung gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund und sind bislang bei der Bekämpfung gravierender Probleme und Gefahren in der Einwanderungsgesellschaft („Ehrenmord“, Zwangsheirat usw.) kaum bemerkbar in Erscheinung getreten. Da sie eine aufrichtige Debatte um Integrationsdefizite behindern, sind sie Teil des Problems und nicht Teil der Lösung. Verräterdebatten wie die gerade stattfindende, in der der gute Ruf Neuköllns höher gewichtet wird als die Überwindung der Probleme Neuköllns, sind nicht zielführend. Einen Bürgermeister, der „seinen Bezirk schlechtredet“, in die Rolle des Nestbeschmutzers zu drängen, zeugt von einem Mangel an Kritikfähigkeit und demokratischer Debattenkultur.

Sieben der Neuköllner Initiativen, die sich gemeinsam öffentlich gegen Heinz Buschkowsky positioniert haben, wurden von uns mit der Bitte angeschrieben, die Anstoß erregenden Passagen des Buches exakt zu benennen. Vier davon haben nicht geantwortet. Eine hat uns in einem kurzen Schreiben auf später vertröstet, eine andere hat lediglich eine einzelne Textstelle angegeben, die bereits mehrfach in der Presse zitiert worden war. Die siebente hat drei Textstellen präsentiert, in denen auch bei näherer Betrachtung nichts Anstößiges zu finden ist. Mit anderen Worten: Bis jetzt ist nicht der Eindruck entstanden, dass bei den als Kritikern auftretenden Initiativen eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit dem Text stattgefunden hat. Die Behauptung, Buschkowskys Buch würde die Arbeit dieser Initiativen erschweren oder bei Betroffenen gar „psychologische Belastungen“ hervorrufen, halten wir für wenig überzeugend. Durchaus denkbar ist aber, dass bei manchen Initiativen auch der Gedanke eine Rolle spielt, dass Buschkowskys Buch die Forderung nach mehr Erfolgskontrollen bei der Integrationsarbeit zur Folge haben könnte - und dass solche Kontrollen letztendlich dazu führen könnten, den Fluss weiterer staatlicher Gelder für die nachprüfbar erfolglosen Initiativen infrage zu stellen.

Wir treten Rassismus und Fremdenfeindlichkeit genauso entschieden entgegen wie allen gegen die Menschenrechte, Rechtsstaat, Demokratie und Pluralismus gerichteten Ideologien und Bewegungen, gleichviel ob sie religiös oder weltanschaulich begründet werden.
Unbegründete Rassismusvorwürfe sind aber dem Kampf gegen wirklichen Rassismus abträglich. Eine an humanistischen Leitideen orientierte Integrationsdebatte zeichnet sich dadurch aus, dass sie den Menschen unabhängig von seiner Herkunft als mündiges Wesen ernst nimmt und auf eine pauschalisierende Viktimisierung verzichtet. Ein von Paternalismus geprägter Opferdiskurs, wie er in den Kreisen der Problemverharmloser gepflegt wird, ist nicht das Gegenteil des rechtsextremen Täterdiskurses, sondern seine spiegelbildliche Entsprechung. In einem Land die Einhaltung der hiesigen Gesetze einzufordern, ist mitnichten, wie Buschkowsky von der Gegenseite unterstellt wird, ein rechtspopulistisches Argumentationsmuster, sondern ein legitimer Aufruf zur Anerkennung einer auf Menschenrechten und demokratischer Entscheidungsfindung beruhenden säkularen Rechtsordnung.

Wir fordern daher eine aufrichtige, offene, sachliche und problemorientierte Integrationsdebatte, die Verunglimpfungen kritischer Stimmen vermeidet und keine Tabus aufbaut.

 

Mina Ahadi, Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime e. V.
Desiree Arleth, peri e. V.
Güner Balci, Schriftstellerin und Journalistin
Thomas Baader, Pressesprecher von peri e. V. Verein für Menschenrechte und Integration
Dr. Frank Berghaus, Hrsg. von www.wissenbloggt.de und Gründer der Initiative Humanismus
Dr. Ronald Bilik, Freidenkerbund Österreich
Serap Cileli, Frauenrechtlerin und Vorsitzende peri Verein für Menschenrechte und Integration e. V.
Dr. Norma Driever, Soziologin, Dichterin, Terre des Femmes e. V.
Dr. Ralph Ghadban, Islamwissenschaftler und Politologe, Berlin
Prof. Dr. Dr. Gunnar Heinsohn, Ökonom und Soziologie
Dr. Assia Maria Harwazinski, Islam- und Religionswissenschaftlerin, Tübingen
Sabatina James, Sabatina e. V.
Klaus Jansen, 2003-2011 Bundesvorsitzender Bund Deutscher Kriminalbeamter
Dr. Johannes Kandel, Publizist und Politikwissenschaftler, Berlin
Hartmut Krauss, Gesellschaft für wissenschaftliche Aufklärung und Menschenrechte (GAM)
Michael Körner, KV Ettlingen Bündnis 90/Die Grünen
Vera Lengsfeld, Autorin, frühere DDR-Bürgerrechtlerin und MdB a. D.
Free Minds (betroffene Musliminnen und Muslime, aus Sicherheitsgründen anonymisiert)
Doro Meuren, peri e. V., AK Grüne für Säkularstaat, KV Neckar-Bergstraße
Thomas Müller, Ryszard Kotonski, Verein für Aufklärung und Freiheit (VAF e. V.)
Paul Nellen, Politologe und Journalist, Mitglied der Grünen Hamburg
Collin Schubert, Psychologin, Terre des Femmes
Eva Quistorp, MdEP a. D., Theologin, Autorin
Thomas Riese, Landschaftsarchitekt, Pistoia (Italien)
Prof. Dr. Bernhard Sabel, Direktor Institut für medizinische Psychologie Magdebur
Kornelia Sabel, Unternehmensberaterin, Berlin
Dr. Michael Schmidt-Salomon, Giordano-Bruno-Stiftung
Dr. Cora Stephan, Schriftstellerin und Publizistin
Karin Vogelpohl, HINTERGRUND-Verlag
Dr. Wahied Wahdat-Hagh, Sozialwissenschaftler
Ragini Wahl, Nürtingen, Ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit
Prof. Dr. Lars Wellejus, Ökonom
Michael Wieck, Violinist, Autor und stellvertretender Vorsitzender der Europäischen Gesellschaft für Politik, Kultur, Soziales e. V. „Diaphania“
Melanie Winzer, Rechtsanwältin, Frankfurt a. M.
Marie Wildermann, Journalistin, Berlin

 

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Internationales Komitee gegen Steinigung
International Committee against Stoning – ICAS

08.11.2012


Offener Brief
An den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz

Die EU muss gegen das barbarische Regime im Iran sofort etwas unternehmen

Sehr geehrter Herr Schulz,

das Internationale Komitee gegen Steinigung kämpft weltweit gegen eine der brutalsten Todesstrafen. Ein sehr großer Erfolg unserer Organisation war die weltweite Kampagne gegen Steinigung von Sakineh Mohammadi Ashtiani. Das Islamische Regime des Iran hat daraufhin sein Strafrecht geändert, und überall war die Rede von einer faktischen Abschaffung dieses grausamen Umgangs mit Menschen. Letzte Woche erreichte und die Nachricht, dass vier Frauen gesteinigt wurden, deren Leichen inzwischen der Gerichtsmedizin übergeben wurden. Den Frauen waren Drogenkonsum und illegale geschlechtliche Beziehungen zur Last gelegt worden, wobei die Steinigung nur für letzteren Vorwurf verhängt werden kann. Ob ihre Angehörigen von der staatlich angeordneten Ermordung benachrichtigt wurden, ist nicht bekannt. Beobachter teilten jedenfalls mit, dass die Leichen nicht nur Spuren der Steinwürfe aufwiesen, sondern auch Spuren zuvor erlittener Folter.
In der vergangenen Woche wurden im Iran mehr als 24 Personen hingerichtet. Allein am Mittwoch, den 7. November waren es im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis zehn Personen, in Schiras drei und in Kerman eine Person, die hingerichtet wurden.
Der Iran hat einen Blogger im Gefängnis ermordet. Satar Beheshti wurde  am Montag, den 29. Oktober festgenommen und neun Tage später hat seine Familie diese Nachricht bekommen: Ihr könnt jetzt ein Grab kaufen, Satar ist tot. Heute, am 7. November wurde Satar begraben, aber seine Familie hatte noch nicht einmal Möglichkeit, seine Leiche zu sehen.
Das Internationale Komitee gegen Steinigung fordert die Staaten der Europäischen Union dazu auf, ihren Protest einzulegen und für Aufklärung dieses Sachverhalts zu sorgen, indem sie eine Delegation nach Teheran entsenden oder den iranischen Botschafter einbestellen und von ihm eine Erklärung verlangen, ob und wieso diese Frauen gesteinigt wurden.
Wir fordern, dass die Europäische Union diese Welle von Mord und Hinrichtung verurteilt und nicht länger wegschaut.
Wir verlangen den Abbruch der Beziehungen mit einem Regime, das Frauen steinigt und seine Bürger derartig brutal behandelt. Wir erwarten, dass die Länder der Europäischen Union die Botschaften des Iran schließen.

Mina Ahadi
Telefon: 0049 (0) 1775692413
E-Mail: minnaahadi@gmail.com

Internationales Komitee gegen Steinigung
International Committee against Stoning – ICAS
http://stopstonningnow.com/wpress/

 

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