Hartmut Krauss

 

Rechtsextremismusforschung zwischen empirischer Auftragswissenschaft und parteilicher Stigmatisierungsideologie
Eine kritische Betrachtung am Beispiel der Studie (1)
„Die Mitte im Umbruch. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland (2012)“

 

Die Untersuchung der Inhalte, des Verbreitungsgrades sowie der Verteilung autoritärer, antidemokratischer, menschenrechtsfeindlicher, nationalistischer, sozialchauvinistischer und rassistischer Einstellungen innerhalb der Bevölkerung ist zweifellos eine wesentliche Aufgabe der Sozial- und Politikwissenschaft. Die im Rahmen dieser Forschung erzielten Ergebnisse bilden eine unverzichtbare Grundlage sowohl für die politische Bildungs- und Aufklärungsarbeit als auch für die öffentliche politische Debatte.
Gleichzeitig aber ist gerade dieses Untersuchungs- und Diskursfeld aufgrund seiner politischen Brisanz besonders anfällig für Instrumentalisierungen und interessenpolitische Vereinnahmungen, vor allem dann, wenn es sich um staatsnahe Auftraggeber und Institutionen handelt, die Muster der „politischen Korrektheit“ definieren. So besteht die Gefahr, dass der öffentlich-politische Druck in Richtung auf ein erwünschtes Ergebnis - mehr oder minder bewusst - konzeptionell verinnerlicht wird und eine implizite Vorzensur stattfindet.

I. Rechtsextremismus in der Zuwanderungsgesellschaft
Die Erfassung der Quantität und Essenz rechtsextremistischer Einstellungen konzentriert sich bislang fast ausschließlich auf die einheimische deutsche Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Mit dieser einseitigen Ausrichtung wird die traditionelle Rechtsextremismusforschung der veränderten Realität einer multiethnischen Zuwanderungsgesellschaft aber nicht mehr gerecht, denn sie vermittelt mit dieser Fokussierung mittlerweile ein verzerrtes Bild der wirklichen Problemlage.

So lebten 2009 erstmals mehr als 16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland, was ca. 20% der Gesamtbevölkerung ausmacht. „Während die einheimische Bevölkerung zwischen 2005 und 2009 um ca. 1,3 Mill. Menschen abgenommen hat, wuchs die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund um 715.000 bzw. 4,7%“ (Datenreport 2011, Band 1, S. 188).
Obwohl Ende 2009 ca. 5 Mill. ausländische Personen seit mindestens acht Jahren in Deutschland lebten und damit die Voraussetzung für einen Einbürgerungsantrag erfüllten, machten nur 96.000 von dieser Möglichkeit Gebrauch und ließen sich einbürgern. „Aus einer Studie des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (…), geht hervor, dass unter Einwanderern ein verbreitetes Desinteresse besteht, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben. Nur rund 23 Prozent der Befragten ohne deutschen Pass will diesen erwerben, 61,5 Prozent haben kein Interesse daran. 15,3 Prozent waren unentschlossen. Migranten aus Nachfolgestaaten der Sowjetunion haben mit 41,4 Prozent noch ein vergleichsweise hohes Interesse, Deutsche zu werden. Bei Einwanderern aus Asien und vom Balkan gab jeweils gut ein Viertel Interesse an, bei Migranten aus der Türkei war dies nur bei 15,1 Prozent der Fall.“ (FAZ vom 28. Juni 2012, S. 5).

Nach offiziellen Schätzungen beträgt die Zahl der zugewanderten Muslime in Deutschland aus knapp 50 unterschiedlichen Herkunftsländern zwischen 3,8 und 4,3 Millionen. „Differenziert man zwischen Aleviten und Muslimen, so ergibt sich, dass die Gruppe der Muslime rund 3,3 Millionen bis 3,8 Millionen Personen und die Gruppe der Aleviten rund 480.000 bis 552.000 Personen umfasst“ (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2009, S. 321). Mit 2,5 bis 2,7 Millionen Personen bzw. gut zwei Drittel aller Muslime in Deutschland stellen aus der Türkei stammende Migranten die mit Abstand größte Gruppe dar.

Generell ist in aller Deutlichkeit hervorzuheben, dass die pauschale bzw. undifferenzierte Bezeichnung „Personen mit Migrationshintergrund“ zugleich eine diskriminierende und eine verharmlosende Komponente enthält. Auf der einen Seite werden nämlich Gruppen zusammengefasst, die ganz unterschiedliche Integrations- und Qualifikationsprofile aufweisen. Zum anderen werden die eigentlichen Problemgruppen, nämlich Migranten mit einem stark orthodox-religiösen und vormodern-autoritären soziokulturellen Hintergrund unkenntlich gemacht und auf diese Weise künstlich entsorgt. Der Öffentlichkeit wird dann ein dementsprechend verharmlosendes Zerrbild vermittelt.

Vor diesem veränderten gesellschaftlichen Entwicklungshintergrund zeigt sich nun, dass das Personenpotenzial des einheimischen Rechtsextremismus absolut und vor allem proportional zur Bezugsgruppe (einheimische Bevölkerung insgesamt/islamisch geprägte Zuwanderer insgesamt) beträchtlich unter dem Personenpotenzial des zugewanderten islamistischen und islamisch-nationalistischen Rechtsextremismus (2) liegt. So ist das einheimische rechtsextremistische Personenpotenzial 2011 auf rund 22.400 Personen gesunken (2008: 30.000 Personen und 2010: 25.000 Personen). Demgegenüber lag das Personenpotenzial des islamistischen Rechtsextremismus 2011 bei 38.080 Personen (2010: 37.400 Personen, 2009 36.270 Personen und 2008 34.720 Personen). „Mit 32.270 Personen (2010: 31.370) bildeten wiederum die Anhänger türkischer Gruppierungen das größte Potenzial. Mitgliederstärkste Gruppierung blieb die türkische Organisation IGMG mit 31.000 (2010: 30.000) Mitgliedern“ (Bundesministerium des Innern: Verfassungsschutzbericht 2011, S. 191). Dabei wird hier das gesonderte Personenpotenzial der „Grauen Wölfe“ (3) in Deutschland mit wahrscheinlich unterschätzten ca. 7.000 Mitgliedern noch gar nicht mitberücksichtigt. Im Vergleich dazu haben NPD (6.300) und DVU (1.000) zusammen „nur“ 7.300 Mitglieder. Hinzu kommt, dass diese islamistisch-nationalistische Rechte verstärkt unter jungen türkischstämmigen Zuwanderern wirbt und die einheimischen Parteien unterwandert. „Wenn in der Essener Grugahalle Tausende türkische Rechtsradikale zusammenkommen, machen wir uns keine Sorgen“, stellte der SPD-Landtagsabgeordnete in NRW, Serdar Yüksel, zutreffend fest. „Aber wenn 100 NPD-Mitglieder aufmarschieren, organisieren wir sofort eine Gegendemo.“ (4)
Hinzu kommen noch die islamistischen Gruppierungen aus dem arabischen Raum wie die Muslimbruderschaft und die „Hizb Allah“ mit insgesamt 3.590 Personen

Desweiteren sind die ca. 4.000 bis 5.000 Salafisten in Rechnung zu stellen, die nicht nur durch Koranverteilungsaktionen, sondern auch durch aggressives Auftreten in der Öffentlichkeit von sich Reden machten, als zum Beispiel in Bonn bei einem gewalttätigen Auftritt gegen das Zeigen von Mohammed-Karikaturen drei Polizisten durch Messerattacken eines Salafisten schwer verletzt wurden.
Bei dieser Abteilung streng gläubiger Muslime handelt es sich um aktivistische Vorkämpfer, aber nicht um Verfälscher des orthodoxen Islam, die sich strikt am Vorbild des Propheten Mohammed und den ersten drei Generationen seiner Anhängerschaft orientieren. Der Name leitet sich ab von der arabischen Bezeichnung as-salaf as-salih, was so viel bedeutet wie: die frommen Vorfahren. Der Unterschied zum orthodoxen Mainstream-Islam besteht darin, dass die Festlegungen der vier sunnitisch-islamischen Rechtsschulen abgelehnt und nur Koran und Sunna als verbindliche Richtschnur anerkannt werden.
Zum weltanschaulich-politischen Standardrepertoire der Salafisten gehören die radikale Ablehnung der säkular-demokratischen Gesellschaftsordnung sowie die militante Bekämpfung der Ungläubigen einschließlich ihrer Wertorientierungen. Darüber hinaus fungiert der Salafismus als ideologische Grundlage für Terroristen, die sich auf den Islam berufen. Aus der Salafistenszene gingen sowohl zwei Mitglieder der aufgeflogenen Sauerland-Gruppe, der Attentäter vom Frankfurter Flughafen, Arid Uka, sowie eine ganze Reihe von deutschen Djihadisten hervor, die in Kampfgebiete nach Afghanistan, Pakistan und Tschetschenien zogen.
Im Inland betreiben die Salafisten eine ungeschminkte Erpressungspolitik, indem sie den Staat mit Gewaltandrohung und Gewaltanwendung dazu nötigen wollen, Grundrechte wie das öffentliche Bekunden von religionskritischen Überzeugungen außer Kraft zu setzen. So erklärte der Salafist Denis Mamadou Cuspert in einem ZDF-Interview, dass er und seine Gesinnungsfreunde bereit seien, angesichts des Zeigens von Mohammed-Karikaturen hemmungslos Gewalt anzuwenden:
Frage: „Bis wohin darf die Verteidigung des Propheten gehen?“
Cuspert: „Bis zum Tod. Für jeden Muslim bis zum Tod. Ich bin zu dieser Demonstration gekommen, um zu zeigen, dass es nicht geht, den Propheten zu beleidigen.“
Frage: „Würden Sie für den Propheten sterben?“
Cuspert: „Es ist für jeden Muslim eine Ehre, für den Propheten zu sterben. Also auch für mich.“ (5)
Vor diesem Hintergrund ist der Sachverhalt bedenklich, dass 63 Prozent der jungen Türken in Deutschland (zwischen 15 und 29 Jahre) der Koranverteilungsaktion der Salafisten positiv gegenüberstand (6).
Insgesamt betrachtet verkörpert der Salafismus, der in der islamischen Welt eine Massenbewegung darstellt, die nicht scharf abgrenzbare Übergangszone zwischen orthodoxem Islam und militantem Djihadismus.

II. Einheimischer Rechtsextremismus und „Ausländerfeindlichkeit“
Die FES-Studie „Die Mitte im Umbruch. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2012“ enthält als zentrales Ergebnis, dass in Deutschland 9 Prozent der einheimischen Bevölkerung ein „geschlossenes rechtsextremes Weltbild“ aufweisen. Dabei ist in Westdeutschland, wo der Ausländer- und Zuwandereranteil an der Bevölkerung erheblich größer ist (7), der Wert von 11,3 Prozent (2002) auf 7,3 Prozent (2012) gesunken. Für Ostdeutschland gilt die umgekehrte Entwicklung: Hier lag der Wert 2002 bei 8,1 Prozent und stieg 2012 auf 15,8 Prozent (S. 54). Als für rechtsextremistische Einstellungen anfälligste Gruppe werden männliche Ostdeutsche zwischen 14 und 31 Jahren ausgewiesen.
Die Autoren operieren mit der Dichotomie rechtsextremistisch/antidemokratisch vs. demokratisch und definieren „Rechtsextremismus“ folgendermaßen: „Der Rechtsextremismus ist ein Einstellungsmuster, dessen verbindendes Kennzeichnen Ungleichwertigkeitsvorstellungen darstellen. Diese äußern sich im politischen Bereich in der Affinität zu diktatorischen Regierungsformen, chauvinistischen Einstellungen und einer Verharmlosung bzw. Rechtfertigung des Nationalsozialismus. Im sozialen Bereich sind sie gekennzeichnet durch antisemitische, fremdenfeindliche und sozial-darwinistische Einstellungen“ (S. 18).
Daraus ergeben sich folglich sechs Dimensionen, die das mehrdimensionale rechtsextreme Einstellungsmuster ausmachen:
1. Befürwortung einer rechtsgerichteten Diktatur
2. Chauvinismus
3. Ausländerfeindlichkeit
4. Antisemitismus
5. Sozialdarwinismus
6. Verharmlosung des Nationalsozialismus

Insoweit Personen eine rechtsgerichtete Diktatur befürworten sowie den Nationalsozialismus verharmlosen und auf dieser Auffassungsbasis chauvinistische, sozialdarwinistische, genuin antisemitische und pauschal ausländerfeindliche Einstellungen vertreten, kann sehr wohl von einer „rechtsextremistischen“ bzw. sogar „neonazistischen“ Grundposition gesprochen werden. (Vgl. die oben genannten Werte für ein geschlossenes rechtextremistisches Weltbild.)

Anders verhält es sich, wenn weder eine rechtsgerichtete Diktatur befürwortet noch der Nationalsozialismus verharmlost wird, ansonsten aber chauvinistische, sozialdarwinistische, genuin antisemitische und pauschal ausländerfeindliche Positionen vorliegen. Dann wäre eine solche reaktionäre Position als „rechtskonservativ“ mit mehr oder minder starken Übergängen zum rechtsextremistischen Einstellungsmuster zu bestimmen. Ein deutlich ausgeprägter Chauvinismus in Verbindung mit einem ebenso deutlich ausgeprägten (marktradikalen) Sozialdarwinismus, aber ohne genuinen Antisemitismus und ohne pauschale Ausländerfeindlichkeit wäre demgegenüber als Nationalliberalismus zu klassifizieren.

Grundsätzlich ist zu kritisieren, dass die Verfasser der Studie keine Unterscheidung zwischen pauschaler „Ausländerfeindlichkeit“ und selektiver „Ausländerkritik“ vornehmen, sondern implizit unterstellen, kritische Einstellungen gegenüber bestimmten Ausländern aufgrund bestimmter Bewusstseins- und Verhaltensaspekte etc. seien generell illegitim und somit prinzipiell negativ zu etikettieren. Indem sie damit aber untersuchungstechnisch die Möglichkeit eliminieren, Ausländer auch kritisch beurteilen zu können, ohne gleich als „Ausländerfeind“ gerastert zu werden, unterliegen sie selbst dem Vorwurf der a priori pauschalierenden Vorurteilsanwendung. Entscheidend wäre letztendlich vielmehr die Überprüfung der Begründungsinhalte und Begründungsmuster der entsprechenden Urteile, um auf dieser Grundlage ein angemessenes Bewertungsurteil über sie fällen zu können.
So stimmt ein Drittel der Befragten der Aussage zu „Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen“. Ein Drittel ist unentschieden und ein weiteres Drittel lehnt die Aussage ab. Diese hohe Unentschiedenheit der Befragten ist rein fragetechnisch induziert, da mit undifferenzierten Pauschalaussagen operiert wird, deren einfache Negation auch wiederum falsch wäre. Auf diese Weise wird aufgrund inadäquater Fragebatterien eine „hohe (pauschale) Ausländerfeindlichkeit“ erzeugt, die so in der Realität gar nicht vorkommt. Angemessen wäre es demgegenüber gewesen, folgende Differenzierungen zuzulassen: „Die allermeisten Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“ „Manche Ausländer kommen hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“ „Keine Ausländer kommen hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“
Grundsätzlich ist es jedenfalls abwegig und wissenschaftlich unhaltbar, rational begründete/begründbare Kritik an bestimmten Ausländern/Zuwanderern untersuchungstechnisch per se auszuschließen bzw. unter das pauschalierende Etikett „Ausländerfeindlichkeit“ zu subsumieren. Dabei wäre es gerade wichtig, pauschale Ausländerfeindlichkeit und begründbare Kritik an bestimmten Ausländern in ihrer überzeugungsbedingten und diskursiven Unterschiedlichkeit genauer zu erfassen.
Festzuhalten ist demnach, dass begründete bzw. rational begründbare Kritik an bestimmten Ausländern, möglicherweise auch solchen, die selbst ein extrem reaktionäres und autoritäres Bewusstseins- und Verhaltensprofil aufweisen, nichts mit „Rechtsextremismus“ zu tun hat.

III. Abstrakt-pauschale „Fremdenfreundlichkeit“ als ideologisch unterschwelliges Vorurteilskonzept des Untersuchungsansatzes
Die hier behandelte Studie reiht sich ein in ein längerfristiges Untersuchungsprojekt mit dem Ziel, die Ausbreitung rechtsextremistischer Einstellungen in die „Mitte der Gesellschaft“ nachzuweisen. „Rechtes Gedankengut“, so die Vorstellung/Hypothese, existiere nicht nur an den „Rändern der Gesellschaft“, sondern greife zunehmend auf die „Mitte“ über. Ein präzises klassen- und schichtungstheoretisches Strukturbild sowie eine stichhaltige soziokulturelle „Landkarte“ dieser „Mitte“ lassen die Autoren allerdings vermissen. Der von ihnen selbst konstatierte Tatbestand, dass die Verbreitung eines geschlossenen rechtsextremistischen Weltbildes in Westdeutschland zurückgegangen ist, sich dafür aber in Ostdeutschland mit seinen zahlreichen strukturschwachen Regionen weiter ausgebreitet hat, weist eher in eine entgegensetzte Richtung.
Um nun aber dennoch die These der Ausbreitung „rechten Gedankenguts“ in die Mitte der Gesellschaft aufrechterhalten zu können, bedarf es deshalb einiger „linkspopulistischer“ Hilfskonstruktionen.
Grundlegend ist hier zunächst die folgende einfache Negation:
Auf die „rechte“ Variante einer abstrakt-pauschalen Fremdenfeindlichkeit, zumeist gepaart mit nationalistischer/wohlstandschauvinistischer und nur noch relativ selten mit rassistischer Ideologie, wird mit einer spiegelbildlich entgegengesetzten abstrakt-pauschalen Fremdenfreundlichkeit reagiert, zumeist gepaart multikulturalistischer bzw. kulturrelativistischer Ideologie. Der Ausländer/Fremde/Migrant wird nur noch als Opfer bzw. Diskriminierungsobjekt zugelassen, aber nicht mehr als kritisch hinterfragbares, reflektierbares und beurteilbares Subjekt.
In Form dieser einfachen Verkehrung der abstrakt-pauschalen Fremdenfeindlichkeit ins direkte Gegenteil der abstrakt-pauschalen Fremdenfreundlichkeit wird die einzig haltbare wissenschaftlich Vorgehensweise verfehlt, nämlich die unmittelbarkeitsüberschreitende (herrschafts-)kritische Analyse und Bewertung des Fremden (einschließlich seiner weltanschaulich-normativen bzw. soziokulturellen Determinanten) auf der Basis emanzipatorischer Maßstäbe, die man auch an sich selbst und die eigene Herkunftskultur anlegt.
Charakteristisch für diese dritte kritisch-emanzipatorische Position sind folgende Merkmale: Sie ist nicht vorausurteilend, sondern auf reale Sachverhalte und Merkmale konzentriert, korrekturoffen und basiert auf konkreten (transparenten) Begründungen. Ausschlaggebend für die Analyse und Bewertung ist nicht die - entweder verteufelte oder romantisierte - Fremdheit des Anderen, sondern sind die Beschaffenheit seiner praktizierten Gesinnung, seiner Intentionen und handlungsrelevanten Überzeugungen (in Abhebung von sekundären Aspekten wie Äußerlichkeiten, Körpermerkmale, Eßgewohnheiten etc.).
Zweifellos ist es eine Grundaufgabe der fortschrittlich-herrschaftskritischen Akteure in Wissenschaft und Politik, der rassistisch und nationalegoistisch (wohlstandschauvinistisch) unterfütterten abstrakt-pauschalen Fremdenfeindlichkeit entschieden entgegenzutreten und sie massiv in die Schranken zu weisen. Ebenso entschieden ist aber auch der abwegigen Praxis entgegenzutreten, begründete Kritik an reaktionären/totalitären Ausländern bzw. Migranten als „rassistisch“ zu brandmarken und auf diese Weise zu tabuisieren. Diese Tabusetzung aus dem Geist einer undifferenzierten Fremdenliebe ist in doppelter Weise kontraproduktiv: Zum einen treibt sie Menschen mit begründeter ausländerkritischer, aber nicht rechtsextremistischer Einstellung in die Arme „rechtspopulistischer“ Demagogen, zum anderen fungiert sie als geistiges Schutzschild für rechtsradikale/fundamentalistische Ausländergruppen und Organisationen. Der Anspruch einer ‚edlen’, fortschrittlich-humanistischen Gesinnung verkommt hier zur Apologetik zum Teil zutiefst reaktionärer Kräfte.

IV. Zur Kritik des begrifflichen Ungetüms „kultureller Rassismus“
Ein weiteres ideologisches Hilfskonstrukt zwecks Verschiebung rechtsextremistischer Einstellungen in die „Mitte“, mit denen die Autoren der Studie operieren, ist die Verwendung der begrifflichen Frankensteiniade „kultureller Rassismus“. Hierbei handelt es sich erstens um die irreale semantische Konfundierung/Vermengung unterschiedlicher Referenzebenen und zweitens um die Einsetzung eines dergestalt irreal konstruierten Begriffs als Diffamierungskategorie: Wer - in Übereinstimmung mit realempirischen Sachverhalten - ein kulturelles Gefälle säkular-demokratischer Gesellschaften zum Islam - etwa im Hinblick auf Menschenrechte, Gewaltenteilung, Rechts- und Bildungsstandards - konstatiert, wird demgemäß als „kultureller Rassist“ verdächtig, ja bereits entsprechend etikettiert. Dabei wird die kritische Bewertung andere Kulturen (hier. des Islam) (8) per se als „Ressentiment“ betrachtet und mit biologistischer Abwertung gleichgesetzt. Die Kritik anderer Kulturen wird so als „Kulturalismus“ gefasst und mit Rassismus gleichgesetzt (siehe S. 13 der Studie). Auf diese Weise soll dann drittens die äußerst fragwürdige Apologetik reaktionärer und menschenrechtsfeindlicher „Fremdkulturen“ gegenüber Kritik immunisiert werden bzw. als moralisch vorbildliche Haltung erscheinen.

Im Endeffekt wird damit der präzise Bedeutungsgehalt des Begriffs „Rassismus“ durch willkürliche bzw. interessenpolitisch motivierte Weiterung sinnwidrig verfälscht. Denn „Rassismus“ bezeichnet genau genommen eine ideologische Einstellung bzw. ein irrationales Vorurteilsmuster, das Menschen aufgrund biologischer (Abstammungs-)Merkmale spekulativ-willkürlich als negativ, d. h. „irreversibel minderwertig“ und „schlecht“ bewertet.
Auf dieser Grundlage ist es dann auch möglich, bestimmte Menschengruppen willkürlich zu „rassisieren“, d. h. ihnen bestimmte negative und irreversible biologische Eigenschaften anzudichten. So basiert der moderne Hass gegen die Juden auf der irrationalen und ideologisch-manipulativen ‚Umwandlung’ von Menschen, die von religiös-jüdischen Vorfahren abstammen, in einen unveränderbar bösartigen, rassisch-genetischen „Blutjuden“ - ganz egal, wie er sich zur jüdischen Religion verhält. Im Rahmen dieser antisemitischen Konstruktion kann man dann Marx, Freud, den deutsch-nationalen Mitbürger und den ultraorthodoxen Rabbi in einen Topf werfen und als wesensgleiche Erzverderber verteufeln. Reale Sachverhalte, empirisch-konkrete Wirklichkeitsaspekte etc. spielen in diesem eliminationssüchtigen Wahnsystem keine Rolle. Egal, wie sich der als „blutjüdisch“ identifizierte Mensch auch verhalten mag, sie/er ist als a priori Unreine/r zu beseitigen (9).

Davon strikt zu unterscheiden ist die negative (kritische) Bewertung von Herkunftsgruppen, die aufgrund der von ihnen geteilten handlungsrelevanten Wertorientierungen und Normen als kulturell (relativ) homogene Gesinnungsgemeinschaft angesehen werden - zumal dann, wenn diese Gruppen ihre kulturell-normative Orientierung/Gesinnung bewusst äußerlich sichtbar zum Beispiel in Gestalt von Kleidungssymbolen indizieren und sich damit selbsttätig abgrenzen („Selbstkulturalisierung“). Entscheidend ist hierbei a) die Beurteilung der Inhalte der betreffenden (kritisierten) Wertorientierungen, Normen und damit korrespondierenden bzw. daraus hervorgehenden Gesinnungen sowie b) die Stimmigkeit der Zuschreibung der Wertorientierungen/Normen/Gesinnungen zu der jeweiligen Bezugsgemeinschaft. (Überprüfung des Begründungsdiskurses).
Zudem ist in Rechnung zu stellen, ob die sozialisatorische und individuelle Veränderbarkeit der abgelehnten bzw. kritisierten Wert- und Normorientierungen eingeräumt wird oder nicht. (Unterscheidung zwischen statistischer Häufung und individueller Modifizierbarkeit der zugeschriebenen Einstellungen). Würde zum Beispiel analog der ethno-nationalistischen Selbststilisierung „Einmal Türke, immer Türke“ behauptet, „Einmal Muslim, immer Muslim“, und damit die prinzipiell unveränderbare Festlegung eines Individuums auf seine Herkunftskultur postuliert (10), dann könnte man von „antimuslimischem Essentialismus“ sprechen, aber nicht von „kulturellem Rassismus“. Allerdings liefert die Studie keinen Nachweis für eine solche Einstellung.
Zu berücksichtigen ist darüber hinaus auch, dass die zum Beispiel auf die Ethnie, Nationalität oder Religionsgemeinschaft bezogene Abwertung oftmals das negativ-reaktive Spiegelbild der ethnizistischen, nationalistischen oder religiösen Selbstaufwertung der betreffenden Ethnie/Nationalitätengruppe/Religionsgemeinschaft darstellt. (Positiver vs. negativer Ethnizismus/Nationalismus/Fundamentalismus)
Einer exakten wissenschaftlichen Begriffsbildung völlig abträglich ist es dann, den Rassismusbegriff zu „kulturalisieren“ und auf die Negativbewertung von multiethnisch und multinational zusammengesetzten Weltanschauungsgemeinschaften auszudehnen. Dahinter steckt nicht nur wissenschaftlich unhaltbare terminologische Verwilderung, sondern der Versuch, a) durch diesen analytisch verfehlten semantischen Transfer einen ideologischen Diffamierungsmehrwert zu erzielen und sich gleichzeitig auch noch b) um die Prüfung der Angemessenheit der Negativbewertung herumzumogeln.
Der Gipfelpunkt der Verwandlung des Rassismusbegriffs in eine reine Diffamierungskeule ist dann erreicht, wenn jede Form der Kategorisierung von Menschen nach gruppenbezogenen Merkmalen und deren kritische Bewertung als „Rassismus“ gebrandmarkt wird. Damit soll offensichtlich zweierlei erreicht werden: Zum einen die absolute Immunisierung bestimmter Gruppen vor Kritik und zum anderen die - wenn man so will - ihrerseits „rassistische“ (demagogische) Konstruktion einer Gruppe von „feindlichen Kritikern“/„Rassisten“.

V. Abgrenzung von „Islamfeindschaft“ und legitimer Islamkritik - ein misslungener Versuch
Auf den ersten Blick scheint es ein Fortschritt zu sein, dass die Autoren der Studie konzeptionell einen Unterschied machen zwischen „Islamfeindschaft“ einerseits und legitimer „Islamkritik“ andererseits und somit nicht in den gängigen Diffamierungsklischees verharren, islamkritische Positionen grundsätzlich zu pathologisieren („Islamophobie“) oder aber mit Antisemitismus gleichzusetzen. Allerdings steht bereits das soeben kritisierte Konzept des „kulturellen Rassismus“ einer angemessenen Unterscheidung entgegen.

Die grundlegenden Fehler nicht nur dieser Studie bestehen zum einen darin, die Bezugsebenen „Islam“ (als objektives religiös-weltanschauliches Bedeutungssystem) und „Muslime“ (als zwar determinierte, aber immer auch entscheidungskompetente Subjekte) nicht genügend auseinander zuhalten bzw. tendenziell zu verwischen und in diesem Vermischungskontext jede kritische Äußerung gegen den Islam als Angriff auf alle Muslime zu missdeuten. Zum anderen bleibt der objektiv-reale Erfahrungsraum, der islamkritischen Einstellungen zugrunde liegt, auch in dieser Studie außerhalb der Betrachtung. Damit wird aber von vornherein die Möglichkeit verstellt, die zugrunde liegenden Begründungsmuster islamkritischer Positionen überhaupt erst einmal festzustellen und dann genauer  zu untersuchen, ob diese rational-argumentativ fundierbar sind oder aber nicht.

So sind grundsätzlich folgende korrelierenden Bezugsebenen des objektiv-realen Erfahrungsraumes islamkritischer Einstellungen in Rechnung zu stellen:
1.Kenntnisse über Inhalte der islamischen Quellen (Koran, Hadithe, Scharia).
2. Kenntnisse über die Geschichte des klassisch-islamischen Imperialismus.
3.Informationen über die gesellschaftlichen und politischen Zustände in islamischen Kernländern wie Saudi-Arabien, Iran, Ägypten, Türkei, Pakistan etc.
4.Informationen über das militante Auftreten orthodox- und radikalislamischer Akteure sowie über das islamische Rechts- und Sanktionssystem.
5.Informationen über desintegrative Bewusstseinsinhalte und Verhaltensweisen streng gläubiger Muslime in den westlichen Zuwanderungsgesellschaften.
6.(Alltags-)Erfahrungen im Umgang mit streng gläubigen Muslimen.

Zudem ist kritisch zu hinterfragen, ob der Tatbestand, dass „rechtspopulistische“ Kräfte das Islamthema nutzen, um öffentliches Aufsehen zu erzeugen (11), überhaupt dazu ausreicht, islamkritische Einstellungen im Kontext von „Rechtsextremismus“ zu thematisieren oder ob hier nicht vielmehr die politisch motivierte Absicht ausschlaggebend ist, auf künstliche Weise möglichst viel vermeintlich „rechtes Gedankengut“ in die „Mitte“ der Gesellschaft zu verlagern. Denn obwohl die Verfasser der Studie zugeben müssen, dass es eine Vielzahl von sachlich-rationalen Gründen gibt, dem Islam gerade von einer fortschrittlich-emanzipatorischen Position aus kritisch gegenüber zu stehen, wenden sie die wissenschaftlich unsaubere Strategie an, kognitiv begründete bzw. argumentativ begründbare und faktenkongruente Einstellungen zu irrationalisieren und zu psychologisieren.
So ist es grundsätzlich verfehlt, Ausländerfeindlichkeit, Xenophobie und Rassismus mit Islamkritik zu konfundieren. Der Ausländerfeind ist prinzipiell gegen Ausländer eingestellt, unabhängig von ihrer Herkunft und Weltanschauung. Als volksfremde Ausländer/Zuwanderer gehören diese Menschen einfach nicht dazu bzw. nicht hierhin und damit basta. Gleiches gilt für den Fremdenfeind. Die Islamgläubigkeit bzw. das Muslim-Sein des Ausländers/des Fremden ist nicht konstitutiv für die Ablehnung. Diese würde auch einen katholischen Polen, einen protestantischen Finnen, einen säkularen Afrikaner, einen atheistischen Inder oder einen iranischen Ex-Muslim treffen. Auch der Rassist interessiert sich nicht für die Weltanschauung der Zuwanderer, sondern definiert deren angebliche biologisch-genetische Andersheit als minderwertig. Dem Auftreten von rechten Ausländerfeinden, Fremdenfeinden und Rassisten gegen Muslime liegt deshalb keine genuine „Islamfeindschaft“ zugrunde. Vielmehr sind Muslime in diesem Fall eine jederzeit propagandastrategisch austauschbare Gruppe für eine irrational-pauschale Abwertung von „Volksfremden“.

Die Zustimmung zu folgenden Items deuten die Autoren - ohne jede nähere sachlich-inhaltliche Erörterung - völlig willkürlich als Indikatoren für „Islamfeindschaft“ (12):
„Die islamische Welt ist rückständig und verweigert sich den neuen Realitäten.“
„Der Islam ist eine archaische Religion, unfähig sich an die Gegenwart anzupassen.“
„Ich denke, dass die Nähe von Islam und Terrorismus schon im Islam selber und seinen aggressiven Seiten angelegt ist.“
„Jegliche Kritik von Vertretern des Islam an der westlichen Welt ist übertrieben und ungerechtfertigt.“
„Muslime und ihre Religion sind so verschieden von uns, dass es blauäugig wäre, einen gleichen Zugang zu allen gesellschaftlichen Positionen zu fordern.“ (S.92)

Insgesamt zeigt das Ergebnis der Studie folgendes Einstellungsbild der Befragten zum Islam:
Weder Zustimmung zu islamfeindlichen noch islamkritischen Aussagen: 33,9 Prozent.
Zustimmung nur zu islamkritischen Aussagen: 29,9 Prozent
Zustimmung zu islamfeindlichen und islamkritischen Aussagen: 31 Prozent
Zustimmung nur zu islamfeindlichen Aussagen: 5,2 Prozent (S. 95).

Tatsächlich gibt es nun aber durchaus eine Fülle von rationalen Gründen, eine Rückständigkeit der islamischen Welt zu konstatieren (13) und den Islam als eine archaische Religion zu betrachten, die einer modernen, säkular-demokratischen Gesellschafts- und Werteordnung widerstrebt. So sind nach einer neueren Umfrage des Instituts Allenbach 83 Prozent der Deutschen der Meinung, „der Islam sei von der Benachteiligung der Frau geprägt, 77 Prozent meinten, typisch für den Islam sei das Festhalten an althergebrachten Grundsätzen, 70 Prozent assoziierten mit dem muslimischen Glauben Fanatismus und Radikalität. Deutliche Mehrheiten der Bevölkerung attestierten dem Islam darüber hinaus unter anderem Gewaltbereitschaft (64 Prozent), die Neigung zu Rache und Vergeltung (60 Prozent), missionarischen Eifer (56 Prozent) und das Streben nach politischem Einfluss (56 Prozent). Nächstenliebe brachten nur 13 Prozent mit dem Islam in Verbindung, 12 Prozent dachten beim Stichwort Islam an Wohltätigkeit und nur 7 Prozent an Offenheit und Toleranz.“ (14)

Dass aggressiv-kriegerische Aufrufe im Koran und in den Hadithen zur Bekämpfung der Ungläubigen von islamischen Terroristen als unmittelbar anknüpfungsfähige Legitimations- und Inspirationsquelle genutzt werden, lässt sich nun eindeutig zum Beispiel anhand der „Erklärung der Internationalen Front für den Heiligen Krieg gegen die Juden und Kreuzfahrer“ verifizieren (15).
Nicht jegliche, aber der größere Teil der Kritik von Vertretern des Islam an der westlichen Welt ist übertrieben, einseitig und selbstgerecht - zumal die Herrschenden in den islamischen Ländern als Ölexporteure, Waffenimporteure und Kapitalanleger integraler Bestandteil des globalkapitalistischen Reproduktionssystems sind. Und nicht alle, aber die streng gläubigen Muslime, die den orthodoxen Regeln der Scharia folgen, sind in ihrer weltanschaulich-politischen Orientierung so verschieden von den säkular-menschenrechtlichen Prinzipien, dass es in der Tat unverantwortlich bzw. selbstschädigend wäre, sie in gesellschaftliche Schlüsselpositionen gelangen zu lassen.

Die Verfasser bezeichnen die Taqiyya (16) fälschlich als Wahnbild kulturalistischer Islamkritiker (17) und bestreiten tendenziell die Unvereinbarkeit zwischen Islam und westlich aufgeklärtem Weltbild und der daraus hervorgehenden Normativität. Geleugnet wird der Tatbestand, dass der Islam für eine große Zahl orthodox-gläubiger Muslime zwar nicht die einzige, aber die dominante, ja letztendlich ausschlaggebende Identitätsgrundlage bildet. Hinzu kommt die bereits benannte Verwechslung von Islam (objektiv vorgegebenes Bedeutungssystem) und Muslimen (Subjekte). Offen bleibt dabei, inwieweit bzw. mit welcher hohen oder niedrigen Wahrscheinlichkeit die abstrakte Möglichkeit der vollumfänglichen oder partiellen Negation der objektiven Vorgaben subjektiv tatsächlich realisiert wird.
Auf die unterstellte Setzung des Islam als alleiniger Kausalfaktor von sozialen Problemlagen wird mit einer pauschalen Entislamisierung von gesellschaftlichen Problemkonstellationen reagiert, also die islamische Normativität a priori als problemgenerierende Größe entsorgt und damit die zentrale Funktion des Islam als Legitimations- und Sanktionsinstanz vormoderner Herrschaftsverhältnisse verkannt.
Auch der an die Adresse der „kulturalistischen“ Islamkritiker gerichtete Vorwurf, diese unterstellten die Unwandelbarkeit des Islam, übersieht die dogmatische Grundkonstitution des Islam bzw. der koranischen Offenbarung als letztgültige und unveränderbare Wahrheit. D. h. der Islam setzt sich selbst als absolut gültige und damit „ahistorische“ Weltanschauung.
Übersehen wird ferner, dass der Islam seine Anhänger als homogene Gruppe in Gestalt der Umma (muslimische Gemeinschaft der „Rechtgläubigen“) selbst konstruiert und gegenüber nichtmuslimischen Gruppen herrschaftlich abgrenzt. D. h.: Es handelt sich hier um eine dezidierte „Selbstkulturalisierung“, auf die Nichtmuslime dann kritisch reagieren.

Nicht zuletzt suggeriert das Konstrukt „Islamfeindlichkeit“ subjektiv unbegründete Willkür (anstatt es als rational fassbare Reaktionsbildung zu interpretieren), indem es außer Acht lässt, dass dem Islam selbst ein ausgeprägtes Feindbilddenken bzw. eine autoritär-herrschaftlich motivierte „Fremdgruppenabwertung“ mit entsprechenden Handlungsdispositionen gegenüber nichtmuslimischen „Ungläubigen“ innewohnt (18). Diesen Sachverhalt hatte bereits Karl Marx prägnant dargelegt: „Der Koran und die auf ihm fußende muselmanische Gesetzgebung reduzieren Geographie und Ethnographie der verschiedenen Völker auf die einfache und bequeme Zweiteilung in Gläubige und Ungläubige. Der Ungläubige ist ‚harby’, d. h. der Feind. Der Islam ächtet die Nation der Ungläubigen und schafft einen Zustand permanenter Feindschaft zwischen Muselmanen und Ungläubigen. In diesem Sinne waren die Seeräuberschiffe der Berberstaaten die heilige Flotte des Islam.” (Marx-Engels-Werke, Band 10, S. 170; Hervorhebung von mir, H. K.).

VI. Unzureichende Erfassung der politischen Einstellungen von Migranten
Während bislang alle Befragungen der „Mitte-Studien“ nur Probanden mit deutscher Staatsangehörigkeit erfassten, wurden bei der aktuellen Studie von 2012 erstmals auch Personen mit Migrationshintergrund (19) und ohne deutsche Staatsbürgerschaft einbezogen.

Die Betrachtung der Studienergebnisse zu dieser Personengruppe lässt nun aber folgende gravierenden Mängel erkennen:

1) Im Unterschied zu bislang bereits vorliegenden Studien differenziert diese Untersuchung nicht zwischen unterschiedlichen Herkunftsgruppen der Migranten mit jeweils unterschiedlichen weltanschaulichen und kulturell-normativen Sozialisationshintergründen. Schon aus diesem Grund sind die Ergebnisse von nur geringem Aufklärungswert und damit weitgehend irrelevant.

2) Die auf Deutsche ohne Migrationshintergrund zugeschnittenen Fragebatterien sind nicht in der Lage, den realen Inhalt und das wirkliche Ausmaß rechtsextremistischer Einstellungen von Migranten im Allgemeinen und muslimischen Migranten im Besonderen zu erfassen. Hierzu wäre es zum Beispiel notwendig, Fragebatterien zu entwickeln, die (a) eine übersteigert-nationalistische Identifikation mit der Herkunftsnation bzw. ethnischen Herkunftsgruppe ausweisen könnten, (b) das subjektive Einstellungsverhältnis zu Verbrechen der eigenen Herkunftsgruppe eruierten (Türkischstämmige im Hinblick auf die Verbrechen an den Armeniern oder im Hinblick auf das Verhältnis zu den Kurden) und (c) religiös-weltanschauliche Überlegenheits- und Herrschaftsansprüche gegenüber „Fremdgruppen“ ermittelten.
Dennoch zeigt sich aber sogar in dieser stark eingeschränkten und verzerrten Erfassung von Bewusstseinsinhalten, dass Migranten im Durchschnitt autoritärer und offen antisemitischer eingestellt sind. Hinzu kommt die zum Ausdruck gebrachte höhere politische Gewaltbereitschaft von Migranten ohne deutsche Staatsbürgerschaft.
Beachtlich ist auch, dass die befragten Migranten ohne deutsche Staatsbürgerschaft den höchsten Wert in der Dimension „Verharmlosung des Nationalsozialismus“ aufweisen, also einen höheren Wert als Deutsche ohne Migrationshintergrund.
Immerhin wird aber der eigentlich triviale Sachverhalt offen ausgesprochen: „Menschenverachtende Einstellungen sind kein ausschließlich deutsches Phänomen“ (S. 109).

3) Als politische Prämisse konstitutiv für die „Mitte-Studien“ ist offenkundig das untersuchungstechnisch konstruierte Bild von den Muslimen als Opfer „islamfeindlicher“ Einstellungen. Um dieses Konstrukt aufrecht erhalten zu können , ist es natürlich nur logisch, die Muslime ihrerseits nicht als Träger reaktionärer und gegenüber „Ungläubigen“ feindseliger Einstellungen erkennbar werden zu lassen. Dementsprechend bleiben Daten zu Einstellungen von muslimischen Migranten ausgeblendet.
Zieht man nun allerdings vorliegende Daten zum weltanschaulich-politischen Eingestellungesgefüge von islamisch geprägten Zuwanderern zu Rate, dann zeigt sich folgendes Bild:
So wurde in der „Ersten internationalen Studie zur Wertewelt der Deutschen, Deutsch-Türken und Türken“ (Liljeberg Research International 2009) zum Beispiel Folgendes festgestellt:
„Ein Zusammenleben von Mann und Frau vor der Ehe lehnen 8% der Deutschen, aber 47% der TiD (Türken in Deutschland, H.K.) und 67 % der Türken ab. Beim vorehelichen Sex der Frau sind es 7% der Deutschen, 56% der TiD und 84% der Türken.“ 9% der Deutschen, aber 32% der TiD und 52% der Türken meinen, dass Kindererziehung Frauensache sei. „15% der Deutschen, 57% der TiD und 67% der Türken stimmen der Auffassung zu, dass berufstätige Frauen ihre Kinder vernachlässigen“. „5% der Deutschen, aber 48% der Tid und 68% der Türken sind der Meinung, dass die Eltern bei der Wahl des Ehepartners ein Mitspracherecht haben sollten.“ „Einen Schwangerschaftsabbruch beurteilen 54% der Deutschen, aber 77% der TiD und 92% der Türken als schlimm. Eine homosexuelle Beziehung von Männern lehnen 29% der Deutschen, aber 65% der TiD und 75% der Türken ab.“ „Eine deutsch-türkische Heirat innerhalb der Familie finden nur 14% der Deutschen und 19% der TiD eher unangenehm, aber 33% der Türken. Die religiöse Toleranz findet insgesamt ihr Ende, wenn es um ein mögliches Einheiraten in die eigene Familie geht: 28% der Deutschen fänden es unangenehm, wenn ein gläubiger Moslem in ihre Familie einheiraten würde. Dagegen fänden es 49% der TiD und 63% der Türken unangenehm, einen gläubigen Christen in die Familie aufnehmen zu müssen. Noch schlimmer wäre ein gläubiger Jude (Ablehnung bei 48% dr TiD und 72% der Türken), der Gipfel wäre jedoch ein bekennender Atheist (Ablehnung von 69% der TiD und 87% der Türken).“
Von den befragten Deutschen sind nur 37% streng oder einigermaßen religiös, von den TiD 64% und von den Türken 75%. Nur 26% der deutschen praktizieren ihre Religion auch, aber 48% der TiD und 65% der Türken.“ An die Hölle glauben 20% der Deutschen, 79% der TiD und 93% Türken. An die Wiedergeburt glauben 29% Deutsche, 59% TiD und 78% Türken. An die göttliche Schöpfung glauben 37% Deutsche, 88% der TiD und 98% Türken. An Gott glauben 48% Deutsche, 92% der TiD und 98% Türken. An die Evolutionslehre nach Darwin glauben 61% Deutsche, 27% TiD und 22% Türken. (20)

Im Gegensatz zu landläufigen Erwartungen, nach denen sich unter den Bedingungen der Einwanderung in ein westlich-modernes Land islamisch-traditionalistische Orientierungen gewissermaßen automatisch von Generation zu Generation abschwächen würden, ist eher das Gegenteil festzustellen. So zeigten gemäß der Studie „Muslime in Deutschland“ (Bundesministerium des Innern 2007) muslimische Jugendliche im Vergleich zu den Erwachsenen einen noch höheren Grad an religiöser Bindung. Im Vergleich zur muslimischen Allgemeinbevölkerung in Deutschland ist die Rate massiver Gewaltbefürworter unter jugendlichen Muslimen doppelt so hoch. Die Autoren kommen im Rahmen ihres konzeptionellen Ansatzes zu dem Ergebnis, dass die Gesamtmenge muslimischer Jugendlicher mit „demokratiedistanten“ Einstellungen und/oder religiös konnotierten Vorurteilen und/oder einer hohen Akzeptanz politisch/religiös motivierter Gewalt 29,2% der Probanden umfasst.
Auch im Hinblick auf die Sexualmoral weisen die muslimischen Jugendlichen in ihrer überwiegenden Mehrheit ein Einstellungsprofil auf, das der postfaschistischen Elterngeneration der 68er-Bewegung gleichkommt, gegen die sich die antiautoritären Proteste richteten. Wie der Erziehungswissenschaftler von Wensierski in einem Interview mit der TAZ am 21.12.2008 feststellte (21), ist die Bindungskraft traditioneller Familienstrukturen unter muslimischen Zuwanderern nach wie vor ungebrochen. Die Sexualmoral der jungen Muslime entspräche in etwa der deutschen Sexualmoral der 1950er Jahre. „Ein großer Teil unserer Interviewpartner hat eine ausgesprochen asketische und verbotsorientierte Sexualmoral, also: kein Sex vor- und außerhalb der Ehe, keine sexuelle Erfahrungen im Jugendalter. Das heißt auch: Die Jugendlichen werden zu Hause nicht aufgeklärt, dort wird über Sexualität nicht gesprochen. Damit einher geht eine starke Sexualisierung insbesondere des weiblichen Körpers, der wiederum tabuisiert wird.“ Zwar gäbe es eine Doppelmoral bei jungen muslimischen Männern, die ihre eigenen sexuellen Erfahrungen mit nichtmuslimischen Frauen außerhalb der eigenen Community mache. „Aber auch bei ihnen dürfen die Eltern in den meisten Fällen von den Beziehungen nichts wissen, oder zumindest wird der Schein gewahrt. Interessanterweise ändern aber auch die eigenen sexuellen Erfahrungen nichts an den Werten dieser jungen Männer. Sie sagen nicht: Unsere Sexualmoral ist überholt. Im Gegenteil. Insbesondere am Ende der Jugendphase werden diese Erfahrungen eher als Fehltritte gewertet. Allerdings wiegen diese Fehltritte bei Frauen weit schwerer, weil die Jungfräulichkeit durch das Jungfernhäutchen überprüfbar ist und durch die Ehre auch noch ideologisch überhöht wird.“

Die Verfasser der Studie weisen durchaus zu Recht darauf hin, dass die „Grammatik der neoliberalen Härte“ eine soziostrukturelle Basis für die Ausprägung autoritärer, chauvinistischer, reaktionärer etc. Einstellungen auf Seiten der diesen undurchschauten Verhältnissen Unterworfenen bildet. Was sie aber übersehen, ist der Tatbestand, dass die „Grammatik der vormodern-islamischen Herrschaftsideologie“ mit ihren patriarchalischen Prinzipien, der systematischen gewaltbesetzten Abwertung und Verfolgung von „Ungläubigen“ und Apostaten sowie der aggressiven Strafandrohung gegenüber Homosexuellen eine zusätzliche, noch weiter und tiefer reichende Basis für die Reproduktion autoritärer und rechtsextremistischer Einstellungen darstellt. Deshalb ist es auch grundsätzlich verfehlt, nur in sozialpopulistisch aufbereiteten Verteilungsfragen das Heil zu suchen, aber der Offenlegung und Zurückdrängung reaktionär-religiöser Herrschaftsideologie auszuweichen bzw. diese sogar zu torpedieren.

Zwar sind europäischer Rechtskonservatismus und daraus hervorgehender Faschismus sowie orthodoxer Islam und daraus hervorgehender Islamismus nicht gleichzusetzen. Dennoch weisen sie trotz ihrer verschiedenartigen kulturhistorischen und gesellschaftsstrukturellen Rahmenbedingungen eine deutliche inhaltliche und strukturelle Wesensverwandtschaft auf (22). Man betrachte nur das Segment „Autoritäre Aggression“ aus der Faschismus-Skala der empirischen Untersuchung zum autoritären Charakter (Vorgaben zur Einstellungsmessung) und vergegenwärtige sich in Bezug darauf das dominante Einstellungsbild nicht nur islamistischer, sondern auch orthodoxer Muslime:
„6. Es ist nur natürlich und rechtens, daß Frauen in gewissen Dingen Beschränkung auferlegt wird, in denen Männer mehr Freiheit haben.
23. Wirklich verächtlich ist, wer seinen Eltern nicht unaufhörliche Liebe, Dankbarkeit und Achtung entgegenbringt.
31. Homosexualität ist eine besonders verderbte Art von Vergehen und sollte streng bestraft werden.
47. Wer unsere Ehre kränkt, sollte nicht ungestraft bleiben.
75. Sittlichkeitsverbrechen wie Vergewaltigung und Notzucht an Kindern verdienen mehr als bloße Gefängnisstrafe; solche Verbrecher sollten öffentlich ausgepeitscht werden“ (Adorno 1973, S. 50).

Die Verfasser der Studie beunruhigt, dass nur gut 30% der „Islamkritischen“ nicht gleichzeitig auch jenen (zuvor zitierten) Statements zustimmen, die sie unzutreffend als „islamfeindlich“ etikettieren. Demgegenüber liegt der eigentlich niederschmetternde Befund ihrer Studie in etwas ganz Anderem, nämlich darin, dass in Deutschland mit ca. 30% ein erhebliches Potenzial von Personen existiert, die nicht in Lage sind, die grund- und menschenrechtswidrige Konstitution der islamischen Weltanschauung zu erkennen und deshalb dazu neigen, diese schönzufärben, zu verharmlosen und zu verteidigen.

 

Literaturverzeichnis: 

Adorno, Theodor W.: Studien zum autoritären Charakter. Frankfurt am Main 1973.

Breuer, Rita: Im Namen Allahs? Christenverfolgung im Islam. Freiburg im Breisgau 2012.

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Muslimisches Leben in Deutschland. Im Auftrag der Deutschen Islamkonferenz. Nürnberg 2009.

Bundesministerium des Innern, Referat P II 1 (Herausgeber und Redaktion): Muslime in Deutschland. Integration, Integrationsbarrieren, Religion und Einstellungen zu Demokratie, Rechtsstaat und politisch-religiös motivierter Gewalt. Ergebnisse von Befragungen im Rahmen einer multizentrischen Studie in städtischen Lebensräumen. Autoren: Katrin Brettfeld und Peter Wetzels unter Mitarbeit von Ramzan Inci, Sarah Dürr, Jan Kolberg, Malte Kröger, Michael Wehsack, Tobias Block und Bora Üstünel. Hamburg, Juli 2007.

Bundesministerium des Innern: Verfassungsschutzbericht 2011 (Vorabfassung).

Datenreport 2011. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland. Band 1. Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 2011.

Decker, Oliver, Kiess, Johannes, Brähler, Elmar: Die Mitte im Umbruch. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2012. Herausgegeben für die Friedrich-Ebert-Stiftung von Ralf Melzer. Bonn 2012.

Kepel, Gilles, Milelli, Jean-Pierre (Hrsg.): Al-Qaida. Texte des Terrors. München 2006.

Krauss, Hartmut: Faschismus und Fundamentalismus. Varianten totalitärer Bewegung im Spannungsfeld zwischen ‚prämoderner‘ Herrschaftskultur und kapitalistischer ‚Moderne‘. Osnabrück 2003.

Krauss, Hartmut: Islam, Islamismus, muslimische Gegengesellschaft. Osnabrück 2008.

Krauss, Hartmut: Kritische Islamanalyse zwischen öffentlicher Diskursverwirrung und apologetischer Diffamierungsoffensive. Eine grundsätzliche Stellungnahme jenseits fremdenfeindlicher Problemausbeutung und reaktionärer Islamophilie. In: Krauss, Hartmut (Hrsg.): Feindbild Islamkritik. Wenn die Grenzen zur Verzerrung und Diffamierung überschritten werden. Osnabrück 2010, S. 39-100.

Liljeberg Research International: Presseinformation. Erste Internationale Vergleichsstudie zur Wertewelt der Deutschen, Deutsch-Türken und Türken. November 2009. http://www.infogmbh.de/wertewelten/Wertewelten-2009-Pressemitteilung.pdf

Liljeberg Research International: Deutsch-Türkische Lebens- und Wertewelten 2012. Ergebnisbericht zu einer repräsentativen Befragung von Türken in Deutschland. Juli/August 2012.

Luft, Stefan: Mechanismen, Manipulation, Missbrauch. Ausländerpolitik und Ausländerintegration in Deutschland. Köln 2002.

Marx, Karl: Die Kriegserklärung - Zur Geschichte der orientalischen Frage. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Band 10. Berlin 1961, S. 168 - 176.


1. Decker, Oliver, Kiess, Johannes, Brähler, Elmar: Die Mitte im Umbruch. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2012. Herausgegeben für die Friedrich-Ebert-Stiftung von Ralf Melzer. Bonn 2012.

2. „Rechtsextremismus“ ist keine deutsche oder europäische Besonderheit, sondern lässt sich als ein kulturübergreifendes Einstellungssyndrom fassen, das folgende allgemeinen Merkmale aufweist:
1. Strikter Autoritarismus als Basisorientierung eines verteidigten bzw. angestrebten hierarchischen Ungleichheitssystems.
2. Ablehnung einer freiheitlich-demokratischen, pluralen und menschenrechtlich-säkularen Gesellschafts- und Verfassungsordnung.
3. Befürwortung eines diktatorischen Regimes mit totalitärer Leitideologie (faschistischer Führerstaat, schariatischer Gottesstaat).
4. Übersteigerter Gruppenegoismus (Nationalismus, Ethnizismus, panislamischer Überlegenheitsanspruch der muslimischen Glaubensgemeinschaft)
5. Judenfeindschaft und:
6. Ein ausgeprägter Patriarchalismus in Verbindung mit einem militanten Männlichkeitskult.
Der formgebende Unterschied zwischen den Rechtsextremismen liegt in der jeweiligen kulturspezifischen Begründungs- und Legitimationsideologie: Rassismus, Nationalismus/Ethnizismus, Islam etc.
Eine Besonderheit stellt die „Türkisch-Islamische Synthese“ dar als Verknüpfung von (modernem) türkischem Nationalismus und Großmachtchauvinismus mit (traditioneller) islamisch-osmanischer Herrschaftsideologie.

3. Die Grauen Wölfe in Deutschland treten unter dem harmlos klingenden Namen „Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland“ auf. Türkische Mutterorganisation ist die „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP).

6. Liljeberg Research International: Deutsch-Türkische Lebens- und Wertewelten 2012. Ergebnisbericht zu einer repräsentativen Befragung von Türken in Deutschland. Juli/August 2012, S. 94.
https://d171.keyingress.de/multimedia/document/228.pdf

7. Während westdeutsche Großstädte einen Migrantenanteil von 25 bis 30 Prozent aufweisen und dünn besiedeltere Regionen wie zum Beispiel der ehemalige Regierungsbezirk Lüneburg immer noch 13,2 Prozent, so beträgt der Anteil in Ostdeutschland (ohne Berlin) lediglich 4,8 Prozent (Datenreport 2011, Band 1, S. 189).

8. Zur kritischen Analyse des Islam als weltanschaulich-normativer Legitimationsgrundlage einer spezifischen Herrschaftskultur vgl. Krauss 2008.

9. Dass der Antisemitismusvorwurf auch demagogisch instrumentalisiert wird, zeigte sich unlängst in der Beschneidungsdebatte, als der bloße Verweis auf den Gegensatz zwischen jüdisch-orthodoxen Normen und Grundrechten dementsprechend verleumdet wurde.

10. Hier muss allerdings hervorgehoben werden, dass die islamische Weltanschauung selbst auf einer naturalistischen „Kulturalisierung“ basiert, indem nämlich gemäß dem Fitra-Konzept eine a priori göttlich bestimmte muslimische Ursprungsnatur eines jeden Menschen behauptet wird. Zum Fitra-Konzept vgl. Krauss 2010, S. 70f.

11. So thematisieren rechtsgerichtete Akteure zum Beispiel auch das Armutsthema, ohne dass deshalb armutskritische Positionen im Kontext der Rechtsextremismusforschung auftauchen.

12. Die Vorgaben, die in der Studie unter „Islamkritik“ eingeordnet werden, lauten:
„Die strikte Trennung von Staat und Kirche ist eine westliche Errungenschaft, die auch in vielen islamisch geprägten Ländern ein Fortschritt wäre.“
„Obwohl viele Frauen freiwillig ein Kopftuch tragen, sollte man nicht übersehen, dass es für einige auch Zwang bedeutet.“
„Der vom Islam vorgeschriebenen rigiden Geschlechtertrennung sollte - ob im Gesundheitswesen oder Sportunterricht - nicht nachgegeben werden.“
„Unsere Unterstützung sollte denjenigen liberalen Moslems gelten, die sich von der fundamentalistischen Auslegung des Islams distanzieren.“
„Universelle Menschenrechte und gewisse Rechtsnormen sollten immer über religiösen Geboten stehen.“

13. Vgl. hierzu die Arabischen Berichte über die menschliche Entwicklung. Zum Beispiel den Bericht von 2003. http://www.dgvn.de/fileadmin/user_upload/PUBLIKATIONEN/UN_Berichte_HDR/AHDR/AHDR_2003.pdf

14. http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/allensbach-studie-die-furcht-vor-dem-morgenland-im-abendland-11966471.html

15. Kepel/Milelli 2006, S. 85ff.

16. Taqiyya: heißt im Arabischen „Furcht“, „Vorsicht“ und bezeichnet im Kontext des islamischen Normensystems die Erlaubnis, unter Bedingungen einer nichtmuslimischen Übermacht den eigenen Glauben und die daraus resultieren Intentionen zu verheimlichen, die Unwahrheit zu sagen bzw. die Wahrheit zum Beispiel durch Auslassungen und die Zentrierung von Nebensächlichkeiten zur verfälschen und Freundschaft vorzutäuschen.

17. „Wenn es möglich ist, ein Ziel nur durch Lügen und nicht durch die Wahrheit zu erreichen, dann ist lügen erlaubt, wenn das Ziel eine erlaubte Handlung ist, und obligatorisch, wenn das Ziel obligatorisch ist (die Welteroberung ist obligatorisch). Aber es ist religiös vorsichtiger, an all diesen Fällen Worte zu gebrauchen, die einen irreführenden Eindruck erwecken, das heisst, etwas mit seinen Worten zu sagen, das wörtlich wahr ist, so dass man nicht lügt, während der äussere Sinn der Worte den Zuhörer täuscht. Aber sogar wenn man nicht etwas (Wahres) sagt und einfach lügt, verstösst dies in obengenannten Situationen nicht gegen das Gesetz.“
http://ncwdi.igc.org/html/shariavfc.html
Ganz in diesem Sinne verkündete die Leitfigur der türkisch-islamistischen Organisation „Islamische Gemeinschaft Milli Görüs“, Erbakan, folgende Orientierung:
„Wenn es dem Islam und der eigenen Organisation nützt, die man ja für den besten Vertreter des Islam in Deutschland hält, ist es unter Umständen keine Sünde, seine eigentlichen Absichten zu verbergen. Die ‚Innenpolitik’ mancher Vereinigungen kann, muß aber durchaus nicht mit den in der Öffentlichkeit vertretenen Auffassungen übereinstimmen“ (zit. n. Luft 2002, S. 130f.).

18. Vgl. zum Beispiel die aktuelle Unterdrückung und Verfolgung von Christen in islamischen Ländern. Genauere Angaben hierzu finden sich bei Breuer 2012. Dabei muss in diesem Kontext aber auch festgestellt werden, dass die Herausbildung einer religionsfreien (atheistischen) Existenzweise, zu der man sich ohne Sanktionsangst offen bekennen kann, unter islamischen Herrschaftsverhältnissen mit ihren rigiden Gesetzgebungen gar nicht erst möglich war.

19. „Menschen mit Migrationshintergrund“ sind Personen, die mindestens ein Elternteil haben, das in einem anderen Land als Deutschland geboren wurde.

20. Presseinformation der INFO GmbH Liljeberg Research International.

21. http://www.taz.de/!27687/

22. Vgl. hierzu ausführlich Krauss 2003.

 


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